Wir alle kennen diese Momente:
Ein Name fällt uns vor versammelter Mannschaft nicht ein, ein Glas kippt um, im Meeting macht jemand eine spitze Bemerkung – und plötzlich liegt Spannung in der Luft.
Wie wir in solchen Momenten reagieren, sagt oft mehr über unsere innere Stärke aus als viele schöne Worte.

Humor ist keine Leichtigkeit, sondern Stärke in Aktion

Humor bedeutet nicht, Dinge nicht ernst zu nehmen.
Aber: Es bedeutet, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen! Und genau das ist ein Zeichen von innerer Stärke.

Denn es braucht Selbstvertrauen, in schwierigen oder peinlichen Momenten locker zu bleiben und über uns selbst lachen zu können.
Diese Reaktion zeigt Souveränität, weil wir die damit die Botschaft senden:
„Ich bin okay, auch wenn mir gerade ein Fehler passiert ist.“

Lachen entspannt

Sobald wir lachen, weiß unser Gehirn: Alles ok! Es besteht keine Gefahr! Wir sind sicher!

Lachen schaltet unser Stresszentrum im Gehirn, die sogenannte Amygdala, ab. (Ich liebe dieses Wort, seit ich es zum ersten Mal voller Begeisterung ausgesprochen von meinem damaligen Kollegen, einem forschenden Psychiater, gehört habe.)
Gleichzeitig werden im präfrontalen Cortex Areale aktiv, die mit Kreativität, Perspektivwechsel und sozialem Denken verbunden sind.

Also kurz gesagt:
Lachen entspannt und öffnet gleichzeitig Raum für Verbindung, Empathie und neue Ideen.

Was passiert beim Lachen im Gehirn?

Wissenschaftlich gesehen ist Humor ein hochkomplexer Prozess:

  • Bisoziation (nach Arthur Koestler): Humor entsteht, wenn zwei gedanklich unvereinbare Konzepte aufeinandertreffen, also etwas völlig Unerwartetes passiert.
  • Neurobiologisch: Beim Lachen werden in unserem limbischen System im Gehirn jede Menge Dopamin, Endorphine und Serotonin ausgeschüttet, das sind Glückshormone, die unser Wohlbefinden steigern. Körpereigene Drogen for free, sozusagen.
  • Stressabbau: Lachen senkt den Cortisolspiegel messbar. Schon 60 Sekunden echtes – oder gespieltes – Lachen reichen, um körperliche Anspannung zu reduzieren.
    Und ja, tatsächlich reicht es, wenn wir unsere Mundwinkel willentlich zu einem Lächeln hochziehen, auch wenn uns gerade gar nicht der Sinn danach ist. Unser Körper entspannt sich trotzdem, weil er nicht zwischen einem echten und einem Fake-Lächeln unterscheiden kann.
  • Soziale Wirkung: Beim Lachen aktivieren sich mehrere Netzwerke im Gehirn, die man das soziale Gehirn nennt. Wenn wir gemeinsam lachen, schwingen unsere Gehirne im gleichen Takt. Wir fühlen uns verstanden, verbunden und sicher.
    Außerdem schüttet der Körper beim Lachen das Bindungshormon Oxytocin aus.

Übrigens ist Lachen eine eigene wissenschaftliche Disziplin: Die Gelotologie untersucht die Wirkung des Lachens auf die Emotionen und die Gesundheit.

Humor in Aktion: kleine Pannen, große Wirkung

Gerade in Führungs- oder Vortragssituationen kann Humor wahre Wunder wirken. Nichts ist verbindender, um über ein Hoppala gemeinsam zu lachen.

Hier drei meiner Lieblingsreaktionen, wenn das Leben wieder einmal seine ganz eigenen Regieideen hat:

  • Das umgestoßene Glas:
    „Das ist gar nicht so leicht, das Glas im genau richtigen Moment zu erwischen. Da habe ich lange geübt!“
    (Bei meiner Raum einnehmenden Gestik ein häufigeres Hoppala meinerseits…)
  • Die weite Hose:
    „Ich wollte Ihnen unbedingt meine Künste im kreativen Ausdruckstanz zeigen!“
    (Das brauche ich hin und wieder, wenn ich die Treppen sportiv nehme, z. B. die auf eine Bühne…)
  • Falscher Name:
    „Ich teste nur, ob Sie aufmerksam sind. Und ich kann Ihnen verkünden: Sie haben bestanden!“
    (Ich kann mir Namen leider nicht so gut merken…)

Das Wunderbare am Humor ist: Er entspannt nicht nur Sie selbst, sondern auch Ihr Gegenüber bzw. Ihr Publikum.
Menschen lachen sehr gerne mit denen, die sich selbst mit Augenzwinkern nehmen! Echt wahr!

Über sich selbst lachen – aber nie über andere

Wirklicher Humor braucht Empathie.
Es geht nicht darum, über andere zu lachen, sondern über Situationen – und am besten über sich selbst.

Individuelle Äußerlichkeiten eignen sich hierzu hervorragend. Ich lache z. B. gerne über meine bereits erwähnte wilde Mimik und Gestik:
„Wenn Sie meine Hände und Haare anschauen, bekommen Sie eine Ahnung davon, wie lebendig es heute wird. Schnallen Sie sich an!“

Oder über meine regionale Herkunft:
„Ich komme aus Calw im Schwarzwald, das ist die Geburtsstadt von Hermann Hesse. Wer Unterm Rad gelesen hat, weiß, warum ich so schnell von dort geflüchtet bin.“ 😅
(Ok, das ist jetzt nicht positiv formuliert, aber ich lasse mein Publikum an anderer Stelle wissen, dass ich selbstverständlich eine überzeugte Calwerin bin und die Fachwerkhäuser immer einen Besuch wert sind, und das Ganze gerne in schwäbischer Mundart!)

Wunderbar funktioniert auch das Spiel mit den Klischees über die eigene Berufsgruppe bzw. Berufsausbildung.
Also ich bin Unternehmensberaterin, Lehrerin und Erziehungswissenschaftlerin. Mehr brauche ich dazu wohl nicht zu schreiben…

Humor schafft also Nähe, ohne zu verletzen.
Vorausgesetzt: Wir übertreiben positiv, statt andere negativ zu bewerten.

Humor trainieren – eine kleine Übung für Teams

Humor ist wie ein Muskel, den man trainieren kann.
Wir unterscheiden uns zwar in der Art unseres Humors, wir haben sozusagen einen individuellen Humorstil.
Aber jeder Mensch besitzt Humor, manche nur etwas versteckter als andere.
Und jeder von uns kann seinen Humor entfalten und erblühen lassen. JEDER!

Ein einfaches Format für Teams zum Üben:

👉Eine Person ist „dran“.
👉Die anderen nennen nacheinander Begriffe, die nichts miteinander zu tun haben, z. B. Flaschenautomat, Strand, Zahnarztstuhl.
👉Die Person improvisiert daraus eine kleine, absurde Geschichte, je spontaner, desto besser!
Selbstverständlich gibt es hier kein „richtig“ oder „falsch“!

Das Ergebnis: Lachen, Leichtigkeit – und ganz viel Kreativität!
Denn Humor und Kreativität nutzen ähnliche neuronale Netzwerke für überraschende Verknüpfungen.

Fazit: Humor ist die eleganteste Form von Souveränität

Wer über sich selbst lachen kann, zeigt Selbstvertrauen.
Wer andere zum Lachen bringt, schafft Verbindung.
Und wer schwierige Situationen mit einem Lächeln meistert, lebt innere Stärke.

Humor ist kein Zufall. Und er ist nicht angeboren.
Er ist eine bewusste Entscheidung für Leichtigkeit, mitten im Ernst des Lebens!

Oder, wie ich immer gerne sage (die Metapher stammt – leider – nicht von mir):
Humor verwandelt Stolpersteine in Tanzschritte.